Reise in die besetzten Gebiete der Westsahara

2014 schafften wir es endlich, auch den von Marokko seit nun gut 40 Jahren besetzten Gebieten der Westsahara einen Besuch abzustatten. Die dortigen Lebensumstände kannten wir bis dahin nur durch Dritte und daher wollten wir uns schon seit Langem einen eigenen Eindruck verschaffen.

An Kamelen und Kontrollposten vorbei fanden wir unseren Weg per Mietauto nach El Aaiun, das wir in den folgenden Tagen in Kleingruppen erkundeten. Die in den besetzten Gebieten allgemein hohe Polizei- und Militärpräsenz wird in der Hauptstadt der Westsahara noch durch die patrouillierenden UN- Fahrzeuge ergänzt; eines gewissen Gefühls der Unbehaglichkeit kann man sich trotz der Ruhe des alltäglichen Treibens nicht erwehren.

Mit Großprojekten wie einer Bibliothek (angeblich die größte Afrikas) und einem Sportzentrum (beide noch in Bau zur Zeit der Reise) versucht Marokko andererseits, den Saharauis ihre Besatzung schmackhaft zu machen. So soll von den Menschenrechtsverletzungen und der illegalen Ausbeutung der Bodenschätze, wie sie weiterhin auch in den nahe gelegenen Phosphatminen von Bou Craa stattfindet, abgelenkt werden. Unser kurzer Besuch des Tagebaus, auf dem wir auch das Förderband in Augenschein nehmen konnten, wurde dank eines leeren Tanks zu einem wahren Abenteuer.

Etliche Stunden Busfahrt gen Süden durch die karge Landschaft brachten uns nach Dakhla. Die auf einer Halbinsel befindliche Stadt beherbergt den größten Fischereihafen der Westsahara und ist Standort der Gewächshäuser, die unter ökologisch fragwürdigen Bedingungen vor allem Tomaten produzieren, die bei uns marokkanisch gelabelt in den Supermarktregalen zu finden sind. Wie auch beim Fischfang werden hier ohne Einbeziehung der Saharauis völkerrechtswidrig Ressourcen ausgebeutet. Wer dies offen kritisiert, muss mit teilweise massiven Repressalien seitens der marokkanischen Behörden rechnen. Aktivisten, von denen wir auch einige vor Ort trafen, können nur unter dem Deckmantel des Naturschutzes agieren. Größere Protestveranstaltungen, wie sie in El Aaiun regelmäßig stattfinden, sind in der durch die geografische Lage leicht kontrollierbaren Stadt fast unmöglich.

Auf unserer letzten Station in Boujdour wurden wir noch einmal Zeuge der marokkanischen Überwachung und Repression. Die für den ländlichen Raum zuständige und militärisch organisierte Gendarmerie Royale scheint sich trotz der organisatorischen Unabhängigkeit mit den regulären Polizeieinheiten der Sûreté nationale in bestimmten Fällen auszutauschen; so war bei der Abreise beiden Polizeiposten unser Herbergsort bekannt, den wohl letztere durch Zivilfahnder in Erfahrung gebracht hatte. Außerdem konnten wir eine pro-saharauische Kundgebung vor dem Haus einer Aktivistin beobachten, die später mit einem geplanten Stromausfall aufgelöst wurde.

Trotz dieser neune Eindrücke bleibt es weiterhin schwierig, das genaue Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen in der komplett isolierten Westsahara einzuschätzen – fest steht jedoch, dass diese stattfinden.